Wita Noack

Den Grundmustern auf der Spur / 2013

“Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?” fragt Thomas Mann im Vorspiel zur Höllenfahrt in seinem Roman “Joseph und seine Brüder”.

Vom grossen Natur-Raum unserer Erde hat sich schon in früher Vorzeit der Mensch einen Teil abgetrennt und sich eine Schutzhütte gebaut, sozusagen einen Raum im Raum. Zuerst hat er das Geviert am Boden markiert, dann die Wände aufgestellt und zum Abschluss ein schützendes Dach aufgebracht. Was am Anfang vielleicht aus Zweigen, Fellen, Steinen oder Blättern bestand, das wurde über die Jahrtausende hinweg immer weiter perfektioniert. Die Bauten der Menschen wurden immer ausgefeilter in Festigkeit, Konstruktion, Nützlichkeit und Schönheit. Es entstanden profane Bauten und grossartige Meisterwerke wie Tempel, Kathedralen und Paläste. In diesen Bauwerken haben sich über die Jahrhunderte hinweg bestimmte Ordnungsprinzipien eingeschrieben, wie die Organisation der Räume, Proportionsverhältnisse, die strukturellen Systeme der Mauerwerkstechnik, das regelmässige Gefüge von Balken und Stützen oder die Anordnung der Fenster und Türen.

Rita Ernst ist diesen Grundmustern auf der Spur. Ihre Arbeiten sind als eine Hommage an die Schönheit der Ordnungssysteme unserer Zivilisation zu verstehen. Rita Ernst trägt mit ihren künstlerischen Untersuchungen ein wenig dazu bei, die Tiefe des Brunnens der Vergangenheit auszuloten und etwas Licht in seine Unergründlichkeit zu bringen.

Die Arbeiten von Rita Ernst sind Konstruktionen aus Linien, Flächen, Formen und Farben. Die Künstlerin übersetzt kleinste Formsysteme in Bilder, genauso wie grosse bauliche Strukturen. Sie hat dazu eine eigene künstlerische Sprache entwickelt. Über einen langen Zeitraum von nahezu 20 Jahren erforschte sie die Grundrisse von alten Kathedralen, Palästen oder Paradiesgärten. Rita Ernst setzte sich mit den geometrischen Mustern von Bodenfliessen aus Tunesien auseinander und spürte den Ordnungen der Grund- und Aufrisse von Bauten der Moderne nach. Das Muster, das Rita Ernst aus einem Bauwerk herausfiltert, und das sie dann als Grundlage ihrer künstlerischen Untersuchung heranzieht, durchläuft bis zum fertigen Gebilde auf der Leinwand eine lebendige Metamorphose. Hierbei werden die Motive verstärkt, vergrössert oder verkleinert und nach Herzenslust munter gedreht, gespiegelt, verdoppelt und betont. Kräftige Farben erhöhen und verfremden die Ausgangsformen zusätzlich. Die Verwandlung des Motivs ist in der Malerei von Rita Ernst jedoch immer so fein abgestimmt, dass das Grundmuster des jeweiligen Referenzobjektes in seinem Wesen lesbar bleibt. Ja, durch seine künstlerische Verwandlung wird dessen Ordnungsprinzip sogar noch verständlicher.

Das Projekt Deckentäfer in Müstair erweitert nun ihre künstlerische Beschäftigung in Richtung Decke, nachdem sie vorher Grund- und Aufrisse thematisiert hat. Gleichzeitig hat sich Rita Ernst dabei einen eigenen unverwechselbaren räumlichen Kunst-Kosmos ermalt.

Die Bilder von Rita Ernst im aktuellen Projekt nehmen nun Bezug auf eine grafisch sehr markante Deckenkonstruktion im Korridor über dem Kreuzgang von St. Johann in Müstair. Die historische Decke besteht aus einer Holzvertäfelung in Kombination mit dunkel gemalten dicken Streifen an der Decke, die die Balkenlage betonen. Rita Ernst hat sich sowohl der technisch-konstruktiven Seite, wie auch der ästhetischen Malerei der Decke gewidmet. Es kommt aber bei der neuen Bilderserie noch ein weiterer Aspekt hinzu. Dabei geht es mehr um ein Phänomen unserer Wahrnehmung: Die Rede ist von den stürzenden Linien, die sich optisch beim Blick nach oben einstellen. Die stürzenden Linien sind auch eine bekannte Darstellungsproblematik in der Fotografie. Und es ist davon auszugehen, dass Rita Ernst als Voraussetzung für ihre Arbeit auf eine Fotografie der Deckenvertäfelung zurückgegriffen haben muss. Bei den Arbeiten zu den verschiedenen Grundrissen konnte sie sich auf vorhandene Zeichnungen stützen, die Decke jedoch musste fotografiert werden. So kommen auch die diagonalen Linien auf ihre Leinwände, die irgendwo ausserhalb des Bildes auf einen gedachten Fluchtpunkt hin zulaufen. Es entsteht eine “KONSTRUKTIVE WEITE”, so auch der Titel der Ausstellung.

Aus einer historischen Decke der Barockzeit wurden zeitgenössische Bilder, die wiederum formale Referenzen an den Konstruktivismus der zwanziger Jahre des Zwanzigsten Jahrhunderts aufweisen oder an Schwarzweissfotografien von Brücken- und Stahlkonstruktionen erinnern.

Rita Ernsts künstlerische Auseinandersetzung mit unserer Kultur zeigt, dass es im “Brunnen der Vergangenheit” noch viele Schätze zu heben gibt.

Ernst und Spiel: Rita Ernsts lebendige Bildsysteme / 2011

Mit der künstlerischen Kreativität ist es ein Rätsel. Eine bestimmte Aufgabe scheint einen Künstler sein ganzes Leben lang zu beschäftigen. Manchmal vielleicht als Sublimation oder Kompensation. Die Schweizer Künstlerin Rita Ernst befasst sich mit Ordnungssystemen. Wieso, weshalb und warum, bleibt offen. Möglicherweise gestattet Ordnung schlechthin einen Zusammenhang, ein Gefüge, ein Gehäuse, und damit eine Sicherheit. Doch das ist nicht allein Rita Ernsts künstlerisches Anliegen, denn sie arbeitet frei und spielerisch mit Ordnungssystemen. Vielleicht ist die Steinmetzwerkstatt des Vaters anzuführen, die als eine Art Anregung für die künstlerische Laufbahn von Rita Ernst gewirkt hat. Ihr Interesse für das Bildende wurde an diesem Ort begründet.

Nach nunmehr 30 Jahren künstlerischer Arbeit — Rita Ernsts Werk umfasst inzwischen nahezu 500 Arbeiten — ist es aber an der Zeit, einmal zum Anfang zurückzuschauen und ein Resümee zu ziehen. Zum Verständnis ihrer künstlerischen Thematik tragen erste Studienarbeiten bei. Sie entstanden noch vor ihrem Erstlingswerk von 1980 mit dem Titel Spielerei. Die Künstlerin zählt diese Vorstudien aber selbst noch nicht zu ihrem Werk. Doch sollten sie unbedingt Erwähnung finden, da sich in ihnen bereits der Schlüssel zu ihrem späteren Werk befindet. In den frühen Studien hat sie die Methode und Formensprache gefunden, die für ihr gesamtes künstlerisches Schaffen im Folgenden maßgebend werden sollten. Es handelt sich bei diesen Vorstudien um handgeschriebene Textseiten, die von Rita Ernst in verschiedenen Schritten bearbeitet wurden. So untersuchte sie, was geschieht, wenn man systematisch bestimmte Buchstaben aus dem Textbild löscht wie beispielsweise das »e« oder das »a« und so weiter. In darauf folgenden Arbeitsschritten hat die Künstlerin nun nicht mehr die Schrift als solche, sondern nur noch das grafische Geflecht des Schriftbildes betrachtet und die senkrechten oder waagerechten Linien des Geschriebenen herausgefiltert. Das heißt: Auf der Basis eines Ordnungssystems, in diesem konkreten Fall eines Schriftsystems, hat sie ein völlig neues Gebilde entwickelt. Als Beispiel dafür kann eine Komposition aus in Zeilen rhythmisch gesetzten senkrechten Linien angeführt werden, die auf diese Art des Herauslöschens entstanden ist. Aus der Methode des freien Veränderns von Systemen, durch Weglassen oder Betonung einzelner Elemente, entwickelte Rita Ernst im Laufe der Zeit eine eigene bildnerische Strategie. Die formale Struktur der rhythmisch gesetzten Linien, die bereits in der genannten Vorstudie zu beobachten ist, wird in Rita Ernsts Bildern in den nächsten 30 Jahren immer wieder zu finden sein. Das belegen die Bildserien Zustände I-IX von 1996 genauso wie einzelne Arbeiten aus dem Progetto Siciliano (seit 1997) und aus dem Projekt Mies van der Rohe (2009-2011).

In den ersten 20 Jahren ihres Schaffens arbeitete Rita Ernst vor allem mit geometrischen Systemen, bei denen waagerechte, diagonale und senkrechte Linien oder Viertelkreise und Quadrate ins Bild gesetzt wurden. Hierzu hat sie im Vorfeld unendlich viele Vorstudien mit Variationen über ein Thema angefertigt und in Skizzenbüchern, ihren sogenannten Formenkatalogen, gesammelt. Aus diesem Konvolut wählte Rita Ernst die optisch sinnvollsten Systeme aus, um sie dann als Gemälde zu verwirklichen. Dazu gehören beispielsweise die Rasterbilder aus den 1980er und frühen 1990er Jahren wie auch die in Rot auf schwarzem Grund gemalte 16-teilige Serie mit dem Titel Rhythmus.

Vor etwa zwölf Jahren hat Rita Ernst einen entscheidenden Schritt gemacht. Seit dieser Zeit arbeitet sie mit Ordnungssystemen, Mustern und Strukturen, die bereits von der menschlichen Kultur einmal erschaffen worden sind. Das heißt, dass sie nun wie eine Konzeptkünstlerin auf einer Metaebene arbeitet, indem sie Kunst über Kunst (im weitesten Sinne) macht. Das offenbart sich in aller Deutlichkeit in den Grundrissbildern verschiedener Werkgruppen wie dem Progetto Siciliano und dem Projekt Mies van der Rohe wie auch in den Arbeiten zu den Mustern auf Keramikfliesen. Aber diese Herangehensweise der Nutzung von vorhandenen Ordnungssystemen der menschlichen Kultur war eben erstaunlicherweise schon in den frühen Schriftbildern angelegt, denn die Schrift ist eine der ältesten Kulturleistungen der Zivilisation.

Rita Ernst offenbart sich als eine gute Beobachterin ihrer Umwelt mit einem ausgeprägten Sinn für Schönes. Viel hat die Künstlerin aus der reichen Kultur Italiens aufgenommen und reflektiert, wo sie an verschiedenen Orten lebte. 1987/88 arbeitete sie im Atelier des Istituto Svizzero in Rom, ab 1991 lebte sie in Bevagna in Umbrien, und gegenwärtig arbeitet sie einen Teil des Jahres in ihrer Atelierwohnung in Trapani auf Sizilien. Als besonders eindrucksvoll hat Rita Ernst die alten Paläste, Kathedralen und Paradiesgärten (Gartenanlagen von Villen) auf Sizilien empfunden. Sie war so angetan von der Schönheit dieser Architekturen, dass sie ihnen, wie sie selbst sagt, »ein Bild widmen« wollte. Als eine Künstlerin aus dem Bereich der bildenden Künste (Architektur, Skulptur, Malerei) war ihr intuitiv klar, dass die Vollkommenheit eines Baus auch etwas mit der Entwurfsidee von Architektur zu tun haben müsse. Doch wo sonst, wenn nicht in der Struktur eines Grundrisses findet sich das Konzept eines Baus besser wieder. Von dort aus hat der Baumeister das fertige Gebäude vor seinem geistigen Auge gesehen. Der Grundriss gibt dem Bau seine Form, von ihm aus strebt alles nach oben. Genau diese Grundform hat Rita Ernst interessiert. Von der Grundrissstruktur ausgehend, war es nun für Rita Ernst möglich, der Schönheit dieser Meisterwerke der Baukunst in ihren Bildern des Progetto Siciliano auf die Spur zu kommen. Wenn dieses Projekt seit 2002 auch als ein zu großen Teilen abgeschlossener Werkkomplex zählt, so trägt sich die Künstlerin doch in Gedanken schon mit Überlegungen zur Erweiterung. Sie interessiert sich in diesem Zusammenhang auch für Pläne von Plätzen, Wasserläufen und Stadtanlagen auf Sizilien. Besonders hat es ihr der sechseckige Plan der Stadt Grammichele in Südostsizilien angetan.

Rita Ernst arbeitet mit den Mitteln der Variation und der Serie. So gibt es beispielsweise drei Gemälde aus dem Jahr 2009 mit den Variationen des Grundrisses von Ludwig Mies van der Rohes Haus Lange: Metallicfarbene Rechtecke und schwarze Streifen auf weißem Grund (Haus Lange II), weiße und schwarze Linien auf kupferfarbenem Grund (Haus Lange I) und kleine, weiße Rechtecke und graue Linien auf schwarzem Grund (Haus Lange III) werden jeweils ins Bild gesetzt. Als weiteres Beispiel sei aufgrund der Aktualität noch eine der neuesten Arbeiten von Rita Ernst erwähnt. Es handelt sich um eine kleinformatige Zeichnungsserie mit vier Einzelblättern aus dem Jahr 2011. Die Zeichnungen wurden mit Farbstift auf Velourpapier ausgeführt. Bei den Motiven handelt es sich um eine Addition der Ansicht des Gebäudes der ehemaligen Trinkhalle von Mies van der Rohe in Dessau.

In den Serien wird die Experimentierfreude von Rita Ernst im Hinblick auf das Ordnen von Systemen deutlich. Außerdem verbirgt sich im Seriellen die Idee, dem Gegenstand auf diese Art näher zu kommen. Verschiedene Wahrnehmungen, beispielsweise von einem Gebäude, machen unterschiedliche Bilder nötig, um das komplexe Wesen von ihm erfassen zu können. Gleichzeitig zeigen die Variationen in der Wahrnehmung, dass sich Gegenstände, auch in ihrer Abbildung, nur als Serie erschließen können. Zudem kommt hinzu: Die Welt um uns herum verändert sich unaufhörlich, in jedem Moment, je mehr die Zeit voranschreitet. Indem uns Rita Ernst mehrere Variationen von einem Grundmotiv zeigt, etwa die Ansichten eines Gebäudes, bringt sie uns näher an das Wesen des Gegenstandes heran.

Hier sei auch an die moderne Methode der Serie erinnert, die die Impressionisten entwickelten, wenn auch unter anderen Voraussetzungen. Claude Monet hat von der Kathedrale von Rouen über zwanzig Gemälde angefertigt, um den Augenblick einzufangen. Oder denken wir an den De Stijl-Künstler Piet Mondrian mit seinen frühen Kompositionsserien von Kirchenfassaden, die in ein System von horizontalen und vertikalen Flächen zerlegt wurden. Rita Ernst hat sich ebenfalls mit dem Sujet Sakralgebäude befasst. Siehe dazu ihre Arbeiten mit den Titeln Monreale, Cefalù, Catania, Messina und Palermo aus dem Progetto Siciliano. Trotz der Zerlegung des Grundrisses in rhythmische Linien und farbige Rechtecke kann man das Schema einer Basilika mit Hauptschiff, Seitenschiffen, Vierung, Chor und Apsis noch gut erkennen. Der große Baukünstler Mies van der Rohe sagte einmal: »Man kann nur ordnen, was schon geordnet ist.« In diesem Sinne hat Rita Ernst auch dem Aachener Dom vier Bilder gewidmet. So besteht das erste Bild dieser Serie beispielsweise aus einem dicht gewebten Gebilde von sich überlagernden goldenen, grauen und anthrazitfarbenen Flächen auf schwarzem Grund. Das zweite Gemälde ist wie ein Krönungsfest in den Farben Rot und Gold verwirklicht. Diese Serie gehört mit in das Projekt Mies van der Rohe.

Bei der Betrachtung der meisten Arbeiten von Rita Ernst fällt auf, dass es im Grunde unmöglich ist, in Ruhe das Motiv zu betrachten. Stets irrt der Blick auf dem Gemälde hin und her. Es ist nicht möglich, sich allein dem Grundschema als einem Gesamtbild zu widmen. Der Blick wird abgelenkt von der Linie, die man verfolgen muss, oder einem markanten Punkt, der das Augenmerk auf sich zieht, nur um im nächsten Augenblick von einer ähnlich aussehenden Form gefangen genommen zu werden. Das stetige Vexierspiel zwischen Gesamtansicht und Detail verführt das Auge zu einem lebendigen Hin und Her auf der Bildoberfläche. Damit spielt Rita Ernst auch mit der Art, wie unsere Wahrnehmung funktioniert. Sie führt uns dabei das Zusammenspiel von Einzelform im Verhältnis zur Gesamtform als ein komplexes und lebendiges Gebilde vor.

Ohne Ordnung und Struktur kann sich schlechterdings keine Form bilden. Doch die sogenannten schönen Formen haben immer auch mit einer Brechung von Ordnung zu tun. So entsteht die Schönheit vor allem immer dort, wo eine Vertäuung mit dem Lebendigen erfolgt. Rita Ernst spielt mit Ordnungssystemen, ihr geht es immer auch um ein Ausbrechen aus festen Strukturen. Außerdem interessierte sich die Künstlerin von Anfang an nicht für Einfachheit, sondern vielmehr für Komplexität. Dadurch, dass sie Formen und Strukturen fortwährend verändert und in neue Zusammenhänge bringt, beispielsweise durch die Methode des Weglassens oder des Betonens einzelner Elemente, ist sie diesem Moment auf der Spur, in dem Schönheit entsteht.

Dr. Wita Noack *1959 in Bautzen, lebt als Kunsthistorikerin in Berlin, Direktorin im Mies van der Rohe-Haus, Berlin

Il spazi construi / 2013

“Profuonda es il la funtana dal passà. Nu’s stuvess plüchöntsch nomnar misterius?” dumonda Thomas Mann i’l pream da la crodada i’l infiern in seis roman “Joseph und seine Brüder”.

Dal grond spazi da la terra ha l’uman fingià dal temp preistoric tampriv s’approprià ün toc ed ha fabrichà lasura sia chamonna, dimena tut in possess ün pitschen spazi dal spazi cumplessiv. Per cumanzar ha’l trassà sül terratsch ün toc terrain, lura ha’l miss sü las paraids e per glivrar ha’l miss lasura ün tet per proteger seis abitacul. Quai chi al cumanzamaint d’eira gnü fat cun romma, pels, crappa o manzinas, es in seguit – durant millenis – gnü perfecziunà.

Ils beamaints da l’uman sun dvantats adüna plü perfets in quai chi reguarda la construcziun, l’ütilità e la bellezza. I sun gnüdas fabrichadas simplas dmuras e grondiusas ouvras d’art sco taimpels, catedralas e palazis. I’l cuors dals tschientiners s’han fats valair prinzips d’uorden determinats, sco l’organisaziun da las localitats, las proporziuns, ils sistems tecnics per müraglias, il sistem per l’uorden da travs, da las fanestras, dals üschs e da las portas.

Rita Ernst es sül fastizi da quists uordens fundamentals. Si’ouvra es ün omagi a la bellezza ed als uordens da nossa civilisaziun. Cun sias retscherchas artisticas contribuisch’la ad eruir la profuondità da las funtanas dal passà e da sclerir ün pa seis misteris.

Las lavurs da Rita Ernst sun construcziuns fattas cun lingias, surfatschas, fuormas e culurs. L’artista transfuorma pitschens sistems d’uorden fundamental in gronds purtrets, ma eir plü grondas structuras da fabricats. Per far quai ha ella sviluppà ün’aigna lingua. I’l cuors da var 20 ons ha ella perscrutà ils plans orizontals da veglias catedralas, da palazis e da giardins paradisics.

Rita Ernst s’ha fatschendada culs disegns da las configüraziuns da fuonds in Tunesia ed ha fastizà tals eir in edificis moderns. La muostra cha Rita Ernst filtrescha our d’ün edifizi e ch’ella piglia sco basa per üna lavur fa tras üna viva metamorfosa. Dalander vegnan quists motivs rinforzats, ingrondits o magari eir redots, seguond bainplaschair o our da chaschuns artisticas.

I vegnan storts, reflectats, redublats ed accentuats. Culurs vivais-chas augmaintan o alieneschan las fuormas da depart. Illa pittura da Rita Ernst es la transfuormaziun dal motiv primar adüna uschè subtila, ma la muostra fundamentala resta tuottüna amo adüna legibla. Id es dafatta uschè ch’ella, tras sia transfuormaziun artistica, dvainta amo plü inclegiantaivla.

Il proget dal tschêlsura a San Jon a Müstair amplifichescha si’actività artistica in direcziun dal tschêlsura. Infin uossa vaiv’la surtuot tematisà plans orizontals e verticals. I’l cuors da l’existenza da l’uman s’ha quel s-chaffi a man dal spazi natüral ün’aigna imagna visuala dal cosmos.

Ils purtrets da Rita Ernst dal proget actual as referischan graficamaing a la construcziun marcanta dal tschêlsura dal piertan sur il claustrigl da San Jon a Müstair. Quist tschêlsura istoric consista our d’üna tabladüra in cumbinaziun cun striblas da culur s-chüra chi suottastrichan l’importanza da la travamainta. Rita Ernst s’ha occupada manüdamaing da la construcziun tecnica sco eir da la pittura estetica sül tschêlsura.

Pro la nouva seria da purtrets vegn pro ün nouv aspet. Quel ha plüchöntsch da chefar cun nossa aigna percepziun: i’s tratta da quellas lingias chi van aval, ma chi opticamaing as drizzan insü. Lingias chi croudan sun cuntschaintamaing ün problem delicat eir per la fotografia. I’s po presümer, cha Rita Ernst haja consultà eir üna fotografia da la tabladüra dal tschêlsura sco depart per sia lavur. Per sias lavurs reguard ils divers plans horizontals ha’la pudü as basar sün disegns chi sun avantman. Il tschêlsura ha però stuvü gnir fotografà. Da quai derivan eir las lingias diagonalas sün las tailas. Quellas paran da’s drizzar vers ün punct da projecziun dadour il purtret. Uschè vegn ragiunta la “Vastezza constructiva” chi dà eir il titel a l’exposiziun.

In quist möd as laschan constatar referenzas fuormalas tanter quist tschêlsura baroc e’l constructivissem dals ons vainch dal 20avel tschientiner. Ellas algordan eir a la fotografia alb e nair da construcziuns da punts d’atschal e d’otras construcziuns tecnicas.

La confruntaziun artistica da Rita Ernst cun nossa cultura cumprova, cha illa “funtana dal passà” i sajan zoppats amo blers s-chazis.

Traducziun Jacques Guidon

Ernst and Play: Rita Ernst’s Vital Image Systems / 2011

Artistic creativity is something of a puzzle. A certain issue seems to preoccupy an artist their whole life long. Sometimes perhaps as sublimation, or as compensation. The Swiss artist Rita Ernst occupies herself with systems of order. Why, how come, and to what end, remains open. Perhaps order per se grants a context, a framework, a haven, and thus security. But that alone is not Rita Ernst’s concern as an artist, because she works freely and playfully with these systems. Perhaps the workshop run by her father, a stonemason, should be mentioned because it acted as a kind of stimulus for Rita Ernst’s artistic career. Her interest in the visual was established there.

Now after all of 30 years of artistic production — in the meantime Rita Ernst’s oeuvre encompasses nigh on 500 works — it is time to look back to the beginnings and draw up a résumé. An understanding of her themes is easier if we take a look at her early studies, which she already worked on prior to her debut in 1980 with the work Spielerei [playing; plaything]. But while the artist does not herself count these preliminary studies as part of her actual work, they should definitely be mentioned because they already contain the key to her later work. In her early studies Rita Ernst arrived at the methods and grammar of forms that were to prove decisive for her entire artistic output. These preliminary studies consist of pages of handwritten text that Rita Ernst worked over in various steps. The artist investigated for instance what happens when one systematically erases particular letters from the passage, such as for instance the letter e or a, and so on. In the subsequent stages the artist no longer studied the writing as such but now just the graphic tracery formed by the characters, from which she filtered out the vertical and horizontal lines in the writing. Which is to say: Using one system of order, in this case a writing system, she developed a completely different formation. One example of this is a composition of vertical lines arranged in columns set at rhythmic intervals, which was created by this process of erasure. Using this method of freely altering a given system by omitting or heightening individual elements, with time Rita Ernst developed her own visual strategy. The formal structure of the rhythmically arranged lines, as could already be seen in the aforementioned study, is to be found time and again in Rita Ernst’s paintings over the next 30 years. This is demonstrated just as equally by the series Zustände I-IX [States I-IX) from 1996 as by the individual works from the Progetto Siciliano (since 1997) and from the Project Mies van der Rohe (2009-2011).

In the first 20 years of her work Rita Ernst chiefly employed geometrical systems in which horizontals diagonals and verticals, or quadrants and squares were introduced to the picture. These works were preceded by countless draughts featuring variations on a theme which she then collected in sketch books or, as she calls them, catalogues. Rita Ernst then chose the systems from this batch of works that had the greatest visual cogency, so as to then realise them as paintings. These include for instance the grid pictures from the 1980s and early 1990s as well as the sixteen-part series entitled Rhythmus [rhythms], which was painted in red on black.

Then about twelve years ago Rita Ernst took a decisive step. Since then she has worked with systems of order, patterns and structures that have already been created by human cultures. Which is to say, she now works like a concept artist on a meta-level by making art about art (in the broadest sense). This is revealed in all clarity by the ground plan paintings in her various groups of works, such as the Progetto Siciliano and the Project Mies van der Rohe, as well as her works on the patterns from ceramic tiles. But astonishingly enough, this method of using given systems of order from human cultures was already to be found in the early text pictures, because writing is one of the oldest cultural achievements of human civilisation.

Rita Ernst reveals herself to be a good observer of her environment with a marked sense of beauty. She has absorbed and reflected on a great deal from the rich cultures of Italy, where she has lived at various places. In 1987/88 she worked in the studio of the Istituto Svizzero in Rome, from 1991 on she lived in Bevagna in Umbria, and currently she works for part of the year in her studio-cum-apartment in Trapani on Sicily. Especially impressive to Rita Ernst’s mind are the old palaces, cathedrals and “gardens of paradise” (gardens belonging to villas) on Sicily. She was so taken by the beauty of these buildings that she was prompted, as she says, to “dedicate a picture” to them. As an artist from the realm of the visual arts (architecture, sculpture, painting) it was intuitively obvious to her that the perfection of a building must also relate in some way to the idea behind its design. And where better than in the structure of the ground plan can one search for a building’s underlying concept? It is from there that the master builder saw the finished construction before his mind’s eye. The ground plan gives the building its form, and from it everything strives upwards. It is precisely this original form that interests Rita Ernst. Setting out from the structure of the ground plan, it now became possible for her to divine the beauty of these architectural masterpieces through the paintings that make up her Progetto Siciliano. Even it this complex of works has been considered as finished in large parts since 2002, the artist still entertains the idea of extending it. She is also interested in this context in plans of plazas, water courses and urban layouts, and is particularly taken by the hexagonal plan of the city of Grammichele in the south of Sicily.

Rita Ernst works with the methods of the variation and the series. Thus for instance there are three paintings from 2009 that show variations on the floor plan of Ludwig Mies van der Rohe’s Haus Lange: Metallic-coloured rectangles and black bars on a white ground (Haus Lange II), white and black lines on a copper-coloured ground (Haus Lange I), and small white rectangles and grey lines on a black background (Haus Lange III) have all been visualised in this way. A further example deserves mention, not least because it is one of Rita Ernst’s most recent works. A series of small-format drawings consisting of four individual sheets from 2011. The drawings were done in coloured pencil on pastel paper. The motifs are based on an addition of the front view of the former Trinkhalle [kiosk] by Mies van der Rohe in Dessau.

This series clearly highlights Rita Ernst’s love of experimentation with regard to the ordering of systems, Apart from which the serial approach contains the idea of getting closer in this way to the object. Various perceptions, as for instance of a building, make various pictures necessary if one is to grasp its complex nature. At the same time the variations in our perceptions show that objects, including their depictions, can only be grasped in series. In addition to which: The world about us is in constant change, in every moment, the more so as time progresses. By showing us a number of variations on a basic motif, such as the faces of a building, Rita Ernst brings us closer to the essence of the object.

One is reminded here of the Modernist approach to the series as developed by the Impressionists, albeit under different premises. Claude Monet did over twenty paintings of Rouen Cathedral in order to capture the moment. Or let us think of the De Stijl artist Piet Mondrian with his early series of church facades, which he dismantled into a system of horizontal and vertical surfaces. Rita Ernst has also devoted herself to the subject of churches, as in her works Monreale, Cefalù, Catania, Messina and Palermo from the Progetto Siciliano. Despite the way the artist has resolved the ground plan into rhythmic lines and coloured rectangles, one can still easily recognise the scheme of a basilica with its main aisle, side aisles, crossing, chancel and apse. The great architect Mies van der Rohe once said: “One can only arrange what is already arranged.” In keeping with this, Rita Ernst has also dedicated four paintings to Aachen cathedral. The first in this series consists for instance of a densely woven configuration of overlapping gold, grey and anthracite surfaces on a black background. The second painting has been done like a coronation ceremony in red and gold. This series is also part of the Project Mies van der Rohe.

While looking at the majority of Rita Ernst’s paintings, we notice that essentially it is impossible to contemplate the motif quietly. Our gaze keeps straying back and forth across the painting. It is not possible to devote our attention solely to the basic scheme as an overall picture. Our gaze is distracted by a line that we must pursue, or a striking dot that grabs our attention, only to be captured the very next moment by a similar looking shape. This constant picture puzzle oscillating between detail and overall view entices the eye to dance to and fro over the canvas. In this way Rita Ernst also plays with the way our minds work, and presents us with the interplay between the individual form in relationship to the overall form as a complex and vital configuration.

Without structure and order it is quite impossible for a form to come into being. But what we think of as beautiful forms are also inevitably connected with a breach in this order. This is why beauty always chiefly arises there where vitality is present. Rita Ernst plays with systems of order, and is always concerned with breaking away from fixed structures. Apart from which, right from the beginning the artist has not been interested in simplicity but rather in complexity. By constantly changing forms and structures and placing them in new contexts, as for instance by the methods of eliding or emphasising individual elements, she is hard on the trail of that moment in which beauty comes into being.

Dr. Wita Noack *1959 in Bautzen, lives as an art historian in Berlin, Director of the Mies van der Rohe-House, Berlin

Translated by Malcolm Green